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Was bedeutet Respekt für mich?

„Respect yourself!“  fordert Madonna am Ende ihres Songs „Express yourself“, der seitdem ich weiß, dass ich einen Text zum Thema Respekt schreiben darf, in meinem Kopf fröhlich rauf und runter dudelt.

Ich verstehe Madonna nur zu gut, denn Respekt fängt auch meiner Meinung nach zunächst bei sich selbst an. Dabei liegen Respekt und Akzeptanz für mich sehr nahe beieinander – denn: bin ich in der Lage mich mit allen meinen Wesenszügen zu akzeptieren, gelingt mir das sicher auch bei und mit anderen Menschen. Es fördert also den gegenseitigen Respekt. Aus dieser Haltung heraus, kann ich z.B. mit offenem Herzen zuhören, ohne das Gefühl ich würde bewertet oder ich müsste eine zwischenmenschliche Situation permanent einer Bewertung unterziehen, weil z.B. Hierarchien einzuhalten sind. Eine wertungsfreie Haltung und wertungsfreie Räume bilden für mich die Grundlage für eine respektvolle Begegnung auf Augenhöhe und trägt so zur Entstehung kreativer Möglichkeitsräume bei.

In vielen Kontexten wird mangelnder Respekt beklagt. Ich warne aber davor dies als Thema der älteren Generation zu betrachten. Denn es ist ein Thema unserer Zeit: Von Kindesbeinen an, lernen wir, uns gesellschaftlichen Spielregeln anzupassen. „Sei freundlich und respektiere deine Mitmenschen!“ scheint mir eine davon. Respekt darf an dieser Stelle aber nicht mit dem Einhalten von Machtstrukturen verwechselt werden. Ich spreche nicht von einer Freundlichkeit, um sich Vorteile zu verschaffen oder Nachteilen zu entgehen. Ich halte es z. B. nicht für respektvoll, Konflikte oder andere eher schwierige Themen, aus Angst vor einer Auseinandersetzung oder schlechten Bewertung vom Umfeld, nicht anzugehen und schwelen zu lassen.

Doch: Wo lernen z.B. junge Menschen heutzutage, dass es lohnend ist, sich kritisch zu äußern und auf respektvolle Weise Lösungsstrategien zum Beispiel in Konfliktsituationen anzubieten?

In Schule ist dafür beispielsweise oft nur wenig Zeit. Getaktete Stundenstrukturen, unterschiedlichste Sachverhalte und Bezugspersonen machen es jungen Menschen nicht immer leicht, sich in der Institution auch auf emotionaler Ebene zu bilden. Im Gegenteil: Fordert es die jungen Menschen vielleicht nicht sogar auf, sich Schutzmauern zu bauen oder sich Strategien anzueignen, weil sie den adultistischen[1] Kommunikations- und Verhaltensstrukturen durch das Bewertungssystem unterlegen zu sein scheinen?

Respekt ist keine Einbahnstraße! Es ist eine gegenseitige Haltung – eine Wertschätzung aller Personen, die an einer gegenwärtigen Situation beteiligt sind. Respekt ist die Achtung vor dem Leben, egal welches Alter, Geschlecht oder welche Herkunft die Menschen oder Lebewesen haben.

Dieser Wert wird genährt durch eine friedvolle Haltung

  • sich selbst,
  • anderen Mitmenschen oder Lebewesen und
  • der Natur gegenüber.

Es ist ein Anerkennen des Gewordenseins eines*r jeden Einzelnen, aber auch der gesamten Menschheit mit all ihren Herausforderungen und des heutigen Ist-Zustands der Natur, in der wir leben. Respekt ist ein Gesehen und Gehört werden, ein Angenommen sein und Ernst genommen werden. Dafür benötigen wir Freiräume und Zeit. Es braucht Zeit, um sich selbst, seinen Mitmenschen und unseren Planeten näher zu kommen.

Es braucht Zeit, positive und negative Gefühle, Fehler, Ängste und Wunden, die vorhanden sind, zu akzeptieren und diesen mit Neugier und Offenheit – wertfrei und respektvoll zu begegnen.

Betrachten wir das respektvolle Miteinander doch als ein liebevolles Spiel des Grenzensetzens und Verstehenwollens. Nehmen wir uns Zeit und nutzen unsere kindliche Neugier, um z.B. zu Fragen der Andersartigkeit ins Gespräch zu kommen. Gestalten wir gemeinsam ein gesundes Eco-System[2], welches durch Respekt, Vertrauen und Co-Kreativität eine neue glückliche Lern-, Beziehungs- und Wirtschaftskultur, basierend auf einem im besten Sinne respektvollen Füreinander, entstehen lässt                                      

                                                                 Warum nicht anstatt

                                                             „Höher, schneller, weiter!“

                                                „Tief(gründig)er, langsamer und näher!“?

So kann es meiner Meinung nach gelingen, nachhaltige Lösungen auf die Fragen unserer Zeit zu finden. So kann es meiner Meinung nach gelingen, zu diesen, bewusster ins Handeln zu kommen. So kann es gelingen, aus den Wunden von Mensch und Natur, Wunder entstehen zu lassen und gemeinsam innovative, zukunftsfähige Lebenswege zu gestalten.

[1] Adultismus – (von lat. adultus erwachsen) bezeichnet Vorurteile gegenüber einer Person oder einer Personengruppe aus Gründen des geringeren Alters, aber auch Strukturen, die eine Diskriminierung jüngerer Menschen produzieren und aufrechterhalten.

[2] Otto Scharmer: Leading from the emerging future: From Ego-System to Eco-System Economies

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